20 Jahre ViLE – Rück-und Ausblick

von Dr. Barbara Heinze

ViLE ist ein besonderer Verein. Durch das ZAWiW bin ich dazugestoßen: 2010. Carmen Stadelhofer hatte ich beim ZAWiW kennen und schätzen gelernt, und so war es “unausweichlich”, dass man auch in den Verein ViLE eingetreten ist. Die Absicht dabei: durch einen Verein besser die Idee des Forschenden Lernens auch überregional, in ganz Deutschland, umsetzen zu können.

In der Satzung des Vereins stehen die Ziele:
“Gemeinsam wollen wir unser Leben aktiv gestalten!
a) Virtuelle und reale Lernangebote zu entwickeln und neue Formen des selbstgesteuerten Lernens zu erproben.
b) Ein Netzwerk zu sein, das bundesweit aktiv ist und weiterbildungsinteressierte ältere Erwachsene anspricht. Dazu nutzen wir virtuelle Treffen und reale Zusammenarbeit.
c) Uns in regionalen und lokalen Gruppen zu treffen, um Wissen und Erfahrungen zu verschiedenen Themen auszutauschen.”
Diese Ziele sind auch heute noch aktuell: gemeinsam aktiv sein, Netzwerke bilden, virtuelles und reales Lernen. Insbesondere das virtuelle Lernen hat sich natürlich in den letzten 20 Jahren stark verändert, und in diesem Wandel wurden wir als Lernende wunderbar begleitet.

ViLE-Fahrrad-Ausflug an den Bodensee
ViLE Fahrrad-Ausflug an den Bodensee, hier mit Carmen und Nele
(Foto: ViLE)

RÜCKBLICK

Durch die Corona-Pandemie ist uns während der letzten zwei Jahre besonders klar geworden, wie wichtig das reale Miteinander ist, und wie sehr wir durch die Persönlichkeiten “getragen” wurden, die wir in diesem Verein in der Vergangenheit kennen lernen durften. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, an einige Persönlichkeiten zu erinnern, die mich dazu motiviert haben, diesen Verein auch im Vorstand zu unterstützen, und die sich in den letzten 4 Jahren von dieser Welt verabschieden mussten:

Erna Subklew (1923-2018)

Annemarie Werning aus Frankfurt berichtete:
“am 1. August 2022 ist Erna Subklew im 95. Lebensjahr gestorben. Sie war Gründungsmitglied von ViLE und war am Aufbau des LernCafes beteiligt. Hier im Frankfurter Raum gründete sie den Lesekreis. Die monatlichen Treffen fanden über die Jahre in ihrer Wohnung statt. Nachdem sie vor über einem Jahr nach einem Unfall auf einen Rollstuhl angewiesen war, zog sie in die Seniorenresidenz Kursana um. Mit ihrer Tatkraft sorgte sie dafür, dass wir uns auch dort monatlich treffen konnten. Unser letztes Treffen fand am 15. Juni statt”.
6 Monate später ist Erna gestorben. In der der Publikation “Gelingendes Alter(n)” des ZAWiW von 2012 (s.26-27) hat sie über ihr beeindruckendes Leben berichtet: https://www.uni-ulm.de/einrichtungen/zawiw/angebote/europaweite-aktivitaeten/archiv/european-women-in-older-age-ewa-2010/

Uwe Bartholl (1931 – 2021)

Markus Marquard berichtete in seiner E-Mail:
“Uwe hat unser Netzwerk über viele Jahre hin geprägt. Er war neben Carmen Stadelhofer der Stellvertretende Vorsitzende des Vereins und war für die Gruppe ViLE-Nord über viele Jahre hinweg Ansprechpartner. In Bad Urach hat er mit seiner mitreißenden Art uns alle begeistert, z.B. bei den europäischen Soiréen, wo er gerne auch mal Geschlechter-Grenzen überschritten hat. Sein Charme und Witz können einen jetzt noch schmunzeln lassen”.
In einem Blog aus dem Ahrensburger Tobias-Haus berichtet Uwe im Jahr 2017 von seiner beginnenden Parkinsonkrankheit: https://www.katicares.com/umzug-ins-pflegeheim. Das Hamburger Abendblatt hat über den Blog berichtet: ‘Dort stellt die 37-Jährige Kati Borngräber den 85 Jahre alten Uwe Bartholl vor. Er ist im März mit seiner Frau Ingeborg aus Stade ins Tobias-Haus gezogen. Seine 88 Jahre alte Frau leidet an Demenz, bei ihm wurde die Parkinson-Krankheit im Anfangsstadium festgestellt, ein Muskel-Leiden mit Lähmungserscheinungen. ‘Ich bin froh und dankbar, dass ich bewusst und aus freien Stücken mit meiner Frau ins Pflegeheim ziehen konnte, bevor meine Krankheit noch schlimmer wird’, sagt Bartholl. ‘Wir fühlen uns hier gut betreut, ich werde bei der Pflege meiner Frau entlastet’. Das Leben mit den anderen Bewohnern helfe ihm zudem dabei, sich auf seine eigene Gebrechlichkeit vorzubereiten’. Hier der vollständige Bericht aus dem Hamburger Abendblatt.

Brigitte Höfer (1943-2021)

Brigitte war erste Vorsitzende von ViLE, und ich habe sie in der Vorstandsarbeit besser kennen und schätzen gelernt. Ich war sehr betroffen, als ich erfuhr, dass bei ihr unmittelbar nach der Pflege ihres krebskranken Mannes dieselbe Krebskrankheit festgestellt wurde. Ihren Mann hat sie nur noch wenige Jahre überlebt.

Mein Mitschrieb bei meinem Telefonat mit Annemarie Werning am 23.03.2021:

Höfers Beginn:
Carmen hatte Brigitte angesprochen, ob sie nicht bei ViLE mitarbeiten wolle.

Aktivitäten von Brigitte Höfer:
a) der 10. Seniorentag in Hamburg, da hatte Brigitte das ganze Begleitprogramm organisiert
b) die Vorstandstreffen in Berlin
c) die Seminare in Bad Urach
d) sie hat immer mit organisiert und geholfen: z.B. hat sie auch immer für Geburtstage oder Spenden eingesammelt.

Brigitte spricht mit Barbara Heinze von ihren Gedanken über und Erfahrungen mit ViLE (Video von Karin Hunsinger)

Brigitte Höfers Krankheit:
Annemarie war 14 Tage vor ihrem letzten Bulletin noch mit Brigitte spazieren gegangen, sie ist eine Stunde gut mitgelaufen: „Die OP war gut verlaufen; bei der Reha anschließend wurde sie mit Darmbakterien infiziert und bekam massive Durchfälle. Am Schluss bekam sie künstliche Ernährung Sie versuchte noch eine Thermotherapie, da die Chemotherapie ausgereizt war. Danach konnte sie wieder essen, hat aber nicht mehr zugenommen. Vermutlich – nach Aussagen eines Gastroenterologen, hatte sie Metastasen (dessen Mutter hatte dasselbe Krankheitsbild). Zunächst hat sie es mit einem Palliativ-Dienst in Oberursel versucht, bevor sie ins Hospiz ging. Brigitte hatte einen Riesen-Bekanntenkreis, der aber langsam abnahm: Kontakte mit Ehepaar Hahn waren nicht mehr so gut und Inge Hahn hat Alzheimer. Sie schrieb ein Bulletin, weil sie im Hospiz vermutlich kein Internet hatte und nur noch per SMS erreichbar war”.

Aus dem Nachruf von Annemarie Werning:
“Am 1. April 2021 ist Brigitte Höfer gestorben. ViLE verliert mit ihr ein äußerst engagiertes Mitglied. Sie gehörte dem Vorstand über viele Jahre bis 2017 an. Sie vertrat den Verein bei Sitzungen unterschiedlicher Fachkommissionen der BAGSO seit 2011. Wer an den Seniorentagen der BAGSO 2012 in Hamburg und 2015 in Frankfurt teilgenommen hat, wird sich an das jeweils von Brigitte organisierte Begleitprogramm mit Stadtbesichtigungen, Begegnungen mit Einheimischen und gemütlichen abendlichen Beisammensein erinnern. Brigitte hat auch das Seminar zur Industriekultur im Bergischen Land 2014 mitorganisiert. Den Frankfurter Literaturkreis bereicherte sie durch ihre reichhaltigen Kenntnisse und Buchempfehlungen. Während der Seminare in Bad Urach beteiligte sich Brigitte rege an den jeweiligen Diskussionen und ergriff die Initiative, wenn etwas zu organisieren, aufzuzeichnen oder das Trinkgeld für das Personal einzusammeln war”.

Noch im Jahr 2019 hat sie in einem Interview über ihre Gedanken und Erfahrungen mit ViLE berichtet, siehe obiges Video.


Hanna Müller (1939-2022)

Aus der E-Mail von Carmen Stadelhofer:
“Ich muss euch eine traurige Nachricht übermitteln: Hanna Müller ist am letzten Freitag, 29.1.2022, gestorben.  Ihr wisst, dass sie meine beste Freundin war, und es fällt mir schwer, Euch diese Nachricht zu übermitteln, aber sie war auch für viele von euch über lange Jahre in verschiedenster Weise Weggefährtin, Mitstreiterin, Freundin geworden”.

Aus Carmens Nachruf an alle ViLE-Mitglieder:
“Völlig unerwartet und für uns alle unfassbar wurde sie, die über viele Jahre immer Präsente, Diskutierende, Animierende, intellektuell und emotional Anteil Nehmende, vor ca. 10 Jahren von der furchtbaren Krankheit Alzheimer erfasst, die den Menschen Schritt für Schritt immer mehr von sich selbst entfernt. Sie war sehr tapfer und versuchte einige Zeit, trotz ihrer Erkrankung bei uns weiterhin mitzumachen und dabei zu ihrer Krankheit zu stehen, das war eine beeindruckende Leistung. Seit ca. 5 Jahren brauchte sie permanente Pflege, seit 2 1⁄2 Jahren war sie wohlbehütet in einem Pflegeheim untergebracht”. Carmen beschreibt sie darin so, wie ich sie selbst in Bad Urach erlebt habe: “Hanna war warmherzig, tolerant, zuverlässig. Sie konnte ihre Aufmerksamkeit und Liebe auf viele verteilen und lebte intensiv Freundschaften mit ganz unterschiedlichen Menschen, und konnte jeder einzelnen Person das Gefühl vermitteln, dass sie, gerade sie, gemeint ist”.

Wir habe einen Link zu einer Fernsehsendung mit ihr erhalten, die zwar nichts mit ViLE zu tun hatte, aber Hannas liebenswerte Art uns wieder nahebringt:


AUSBLICK

Der Verein ViLE ist, was die Aktivitäten anbetrifft gut aufgestellt und hat neue technische Entwicklungen angewendet (siehe unten). Bei dem Versuch, neue und auch jüngere Mitglieder zu gewinnen, war man allerdings weniger erfolgreich als erhofft, trotz der vielen Aktivitäten. Hier sind noch einmal einige mit direktem Link aufgelistet.

Als sehr aktive Gruppe ist das Lerncafe von Ute Lenke zu nennen, mit zwei bis drei Ausgaben pro Jahr. Die neueste Ausgabe Lerncafe 88 zum “Schreiben” ist gerade im September erschienen.

Eine lange existierende ist die Gruppe “jüdische Friedhöfe” um Dietrich Bösenberg.

Da durch die Corona-Pandemie keine Seminare mehr durchgeführt werden konnten, haben sich die Webinare etabliert. Webinare mit Markus Marquard, die wöchentlich mit Gast- und eigenen Beiträgen gestaltet werden. Die Webinare werden auch in der Nach-Coronazeit beibehalten und sind sehr gut besucht. Als nächstes ist das Webinar “Frei sich bilden” geplant: https://vile-netzwerk.de/event/vile-webinar-frei-sich-bilden-aber-selbstverstaendlich/

Kultur-Veranstaltungen mit Beate Braun, wie z.B. in die Stuttgarter Staatsgalerie: https://vile-netzwerk.de/category/projekte/kultur-tablett/

Kulturreisen mit Beate Braun: Das letzte Ziel der Kulturreise war der https://vile-netzwerk.de/vile-ulm-auf-rheinreise/ und mit der Lübecker ViLE-Gruppe nach Berlin: https://vile-netzwerk.de/vile-luebeck-auf-polit-kulturreise-in-berlin/.

Interview-Videos mit Karin Hunsinger: https://vile-netzwerk.de/category/starten/videos/interviews/

Mitmachaktionen und der AK Frauengeschichte mit Erla Spatz-Zöllner: https://vile-netzwerk.de/category/mitwirken/mitmachaktionen/vile-fotogalerie/ , https://vile-netzwerk.de/category/neues-entdecken/vile-arbeitskreise/arbeitskreis-frauengeschichte/geschichten-von-frauen/

Die Aktualisierung der ViLE-Homepage ist inzwischen realisiert, sie wurde in einem gesonderten Arbeitskreis erarbeitet (Michael Vesper, Michael Scheier, Markus Marquard, Ute Lenke, Erla Spatz-Zöllner). Weitere Änderungen und Verbesserungen sind nun leichter durchzuführen. Außerdem wurden die Inhalte der alten ViLE-webseite zugänglich gemacht: https://archiv.zawiw.de/sites/www.vile-netzwerk.de/www.vile-netzwerk.de/aktuell.html

Neu ist die Mitmachaktion “20 Jahre ViLE”, wozu schon einige Beiträge gekommen sind: https://vile-netzwerk.de/category/mitwirken/mitmachaktionen/jubilaeum-20-jahre-vile/

Neu getestete Formate: lerncafe live, in dem live von den Teilnehmern von der Veranstaltung berichtet wurde. Als Beispiel von der Sommerakademie in Berlin:

FAZIT:

Die persönlichen Begegnungen z.B. bei den Seminaren in Bad Urach werden sehr vermisst. Aber die digitale Welt hat uns auch geholfen, die lock-down-Zeiten besser zu überstehen und auch die Kommunikation aufrecht zu erhalten. In diesem Sinne – die ursprüngliche Zielsetzung unseres Vereins ViLE bleibt wichtig!


Bilder-Rückblick zu 20 Jahren ViLE