von Beate Braun
Alte Stiche aus dem 19. Jahrhundert bezeugen, dass Leipzig von viel Wasser umgeben war. Die Mühlgräben von Pleiße und Elster prägten das Stadtbild. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden diese Gräben zum Teil als Abwasserkanäle missbraucht, in Rohre gefasst oder zugeschüttet. Doch nach der Wende 1989 wurde in die Erneuerung investiert, so dass sich heute Flüsse mit über 200 km Länge durch das Stadtgebiet schlängeln. Entlang deren Uferzone wurden Rad- und Wanderwege für Freizeit und Erholung gebaut.
Um eine ganz andere interessante Sicht auf Leipzig von der Wasserseite aus zu genießen, hatten wir für den 12. Oktober 2023 um 13:30 Uhr für 26 Personen eine Bootsfahrt gebucht, aufgeteilt auf 2 Motorboote von zwei verschiedenen Veranstaltern, da nur 18 Personen pro Schiff zugelassen waren. Leider begann es schon am Vormittag zu regnen. Ein Veranstalter sagte daraufhin die Fahrt telefonisch ab, der andere war bereit, die Fahrt trotzdem durchzuführen. So begaben wir uns mit 18 Personen zum Stadthafen von Leipzig.
Dort angekommen, mussten wir feststellen, dass der Stadthafen eine große Baustelle und weit und breit kein abfahrbereites Boot zu sehen war. Auf Rückfrage beim Veranstalter wurde uns versichert, dass das Boot etwas verspätet zur Anlegestelle kommen würde, was tatsächlich auch eintrat. Die junge Bootsführerin teilte uns mit, dass es aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt sei, Schirme aufzuspannen. Nur 11 Personen waren dann letztlich bereit, unter diesen Umständen an der etwa 1-stündigen Fahrt teilzunehmen.
Fahrt mit dem Motorboot auf der Weißen Elster
Die Fahrt führte vom Stadthafen entlang des Elstermühlgrabens, dann dem Flusslauf der Weißen Elster folgend nach Lindenau und Plagwitz und nach einem kurzen Abstecher in den Karl-Heine-Kanal den gleichen Weg zurück zum Ausgangspunkt. Während der Fahrt entpuppte sich unsere Bootsführerin als versierte Kennerin der Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke.
Als erstes sahen wir rechter Hand die Anlage des Akademischen Ruderverbandes, 1898 gegründet, ein Verein mit einer langen Tradition, der viele deutsche Meister, Olympiateilnehmer und Weltmeister hervorgebracht hat. Weiter ging es vorbei am historischen Palmgartenwehr aus dem Jahr 1917, das zur Wasserregulierung der Elster und ihrer Nebenflüsse dient. Danach fuhren wir unter der Könneritzbrücke hindurch, einer schönen Eisen-Fachwerkkonstruktion über die Weiße Elster aus dem Jahr 1891. Am Ufer entlang unserer Route sahen wir zahlreiche Cafés und Restaurants. Vor dem Ristorante la Gondola wunderten wir uns über schwarze Gondeln. Wir erfuhren, dass der pfiffige italienische Wirt drei echte venezianische Gondeln importieren ließ, so dass sich den Ausflüglern die Chance bietet, einen romantischen Hauch Venedig zu genießen. Den Höhepunkt unserer Fahrt stellten die Gebäude der ehemaligen Buntgarnwerke dar.
Das ehemalige Textilfabrikgelände mit Gebäuden auf beiden Seiten der Weißen Elster aus dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt als das größte erhaltene Industriedenkmal Deutschlands. Es wird heute für Kultur- und Gewerbeeinrichtungen und sehr schöne Lofts genutzt.
Kurz danach bogen wir rechts durch eine enge Durchfahrt in den Karl-Heine-Kanal ein, dem wir nur eine kurze Strecke folgten und danach den Rückweg auf gleicher Strecke antraten.
Vor der Einfahrt in den Stadthafen wurden wir noch auf die historische Baedeker-Villa hingewiesen, die 1872 – 1948 von der Bädeker-Familie bewohnt wurde und heute eine chirurgische Klinik beherbergt.
Durchgefroren und pitschenass beendeten wir unsere Kanalfahrt, die bei schönem Wetter sicher ein wesentlich größeres Vergnügen bereitet hätte.