von Beate Braun
Im Atrium des Museums Würth 2 in Künzelsau war Georg Baselitz anlässlich seines 85. Geburtstages eine Ausstellung gewidmet. Mitglieder von ViLE Süd und deren Gäste besuchten diese Ausstellung am 20.06.2023, nachdem sie sich die Ausstellung von David Hockney angeschaut hatten.
Georg Baselitz wurde am 23.01.1938 als Hans Georg Bruno Kern in Deutschbaselitz in Sachsen geboren. Seine Kindheit wurde durch den Zweiten Weltkrieg beeinflusst. Seine Jugend verlebte er in der neu gegründeten DDR, was seinen künftigen Lebensweg und seinen künstlerischen Werdegang entscheidend mitprägen sollte. Nach dem Schulabschluss 1956 studierte er Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. Aber er hatte Schwierigkeiten damit, seine individuelle Persönlichkeit den sozialistischen Idealen der DDR unterzuordnen, so dass er bereits im ersten Jahr seines Kunststudiums in Ostberlin „wegen gesellschaftspolitischer Unreife“ von der Hochschule verwiesen wurde.
Ein Jahr später setzte er sein Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Westberlin bei Prof. Hann Trier fort und zog in den Westen. In den folgenden Jahren unternahm er Reisen nach Amsterdam und Paris. Er beschäftigte sich mit der Sammlung Prinzhorn. Baselitz begegnete Werken von Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch und Ernst Wilhelm Nay unter anderem auf der II. Documenta 1959 in Kassel und war fasziniert von den kunsttheoretischen Auffassungen der Künstler.
Im Jahr 1961 nahm er in Anlehnung an seinen Geburtsort Deutschbaselitz den Künstlernamen Georg Baselitz an.
Mitte der 1960er Jahre entstanden radikale Frakturbilder, die sich durch zerstückelte und wieder zusammengesetzte Motive auszeichneten und deren Höhepunkt schließlich die Motivumkehr bildete.
Für die Öffentlichkeit war und ist die Drehung um 180 Grad eine künstlerische Provokation, für Baselitz ist sie eine Distanzierung vom Motiv, die ihm eine Abstraktion des Sujets ermöglicht, ohne den Gegenstand vollständig aufzulösen. Die herkömmlichen Sehgewohnheiten werden wortwörtlich auf den Kopf gestellt.
Georg Baselitz zählt heute zur Spitze der internationalen Kunstszene. Seine Werke sind in allen bedeutenden Museen und Sammlungen der Welt vertreten. Unter anderem wurde der Künstler mit dem Kaiserring-Kunstpreis der Stadt Goslar ausgezeichnet. Baselitz lehrte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der Hochschule der Künste Berlin, derzeit lebt und arbeitet er in Inning am Ammersee.
Baselitz erklärte in einem Interview:
„Ich bin in eine zerstörte Ordnung hineingeboren worden, in eine zerstörte Landschaft, in ein zerstörtes Volk, in eine zerstörte Gesellschaft. Und ich wollte keine neue Ordnung einführen. Ich hatte mehr als genug sogenannte Ordnungen gesehen. Ich war gezwungen, alles in Frage zu stellen, musste erneut „naiv“ sein und neu anfangen.“
18 monumentale Linolschnitte, die Baselitz von 1977 bis 1979 schuf und die er in den 1990er Jahren erneut nur für sich selbst abziehen ließ, konnten wir in dieser Ausstellung im Dialog mit weiteren Grafiken, Gemälden und Skulpturen des Künstlers bewundern.
Grundsätzlich stellt Baselitz alles in Frage. Mit seiner großen Plastik „Römischer Gruß“ von 2004 tritt er die Geste des von den Nationalsozialisten genutzten Grußes mit ausgestrecktem Arm, im wahrsten Sinne des Wortes, mit Füßen.
Die Dresdner Frauen-Karla gehört zu einer Serie von elf monumentalen Frauenbüsten, die an die Zerstörung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern. Baselitz wuchs unweit der Stadt auf und erinnerte sich lebhaft an ihre Zerstörung. Er wollte den “Trümmerfrauen” huldigen, von denen er glaubte, dass sie die Wiederaufbaubemühungen einer zerbrochenen Stadt verkörperten. Der große Holzblock, aus dem das Stück besteht, wurde mit einer Kettensäge abgehackt, um die groben Gesichtszüge zu erzeugen. Sie scheint sich zu verschlechtern und symbolisiert den geschwächten Zustand Dresdens. Der intensive Blick, die enormen Proportionen und der pulsierende Gelbton zeigen eine starke emotionale Präsenz. Die Figur stellt eine vom Krieg gezeichnete, aber trotzige Frau dar.
Die in dem nachfolgenden Bild dargestellten Terrier stehen natürlich auf dem Kopf und sie sitzen in einem roten Lehnstuhl.
In seinem Gemälde „A Domestic Scene I“ stehen und sitzen in der Bildmitte goldene Hunde, links und rechts flankiert von blauen flatternden Flügeln. Die skizzenhafte, flüchtige Szenerie ist seine Interpretation von Rafaels „Sixtinischer Madonna“. Ein Gemälde, das Baselitz so sehr hasste, dass er es für sich neu umdeutete, erklärt die Museumsführerin.
Die drei BDM-Mädchen im Hof vor dem Museum haben wir uns beim Rückweg zum Bus noch einmal genauer angeschaut.
Die Veröffentlichung von Fotos der Kunstwerke ist, wo nicht anders genannt, mit freundlicher Genehmigung der Würth-Unternehmenskommunikation erfolgt.