von Beate Braun
Am 06.05.2025 besuchte das Kulturtablett ViLE Süd mit 15 Teilnehmenden, davon 6 von ViLE, das Museum „Die Einsteins“ in Ulm. Das im Juli 2024 eröffnete Museum befindet sich im „Engländer“ am Weinhof. Dieses Haus stammt aus dem 15. Jahrhundert und wurde unterschiedlich genutzt. Unter anderem gab es hier eine Gastwirtschaft „Zum König von England“, woher das Haus noch heute seinen Namen hat. In den jetzigen Museumsräumen wurden damals die Pferde untergebracht.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich hier eine Bettfedernfabrik, an der Einsteins Großeltern und sein Vater beteiligt waren. Diese Produktionsstätte war zentraler Anlaufpunkt der aus dem Schwäbischen Umland nach Ulm eingewanderten Familie. In diesem Haus wohnten auch Einsteins Großeltern, weshalb es als sehr wahrscheinlich gilt, dass Albert Einstein auch persönlich hier gewesen ist.
Albert Einstein, der weltberühmte Physiker und Nobelpreisträger, wurde am 14. März 1879 in der Bahnhofstraße 20 in Ulm geboren. Er lebte nur 15 Monate in der Donaustadt. Doch seine große Familie blieb in der Stadt ansässig und er hielt zeitlebens Kontakt zu ihr. Das Museum zeigt bewegende Einzelschicksale dieser Familie, die auch stark von den Ereignissen der NS-Zeit geprägt wurden.

(Foto Stadtarchiv Ulm)
Die Leiterin des Museums, die Historikerin Frau Dr. Sabine Presuhn, begrüßte uns und fragte, wieviel Zeit wir mitgebracht hätten, denn sie könne uns 4 Stunden und länger über Einstein und seine Familie erzählen; aus den geplanten 2 wurden dann fast 3 Stunden. Frau Dr. Presuhns Ausführungen waren so interessant, dass die meisten von uns beschlossen, das Museum noch einmal auf eigene Faust mit einem Medienguide zu besuchen.
In insgesamt 7 Kapiteln erfuhren wir viel über das jüdische Leben in Ulm.
Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert gab es bereits eine blühende jüdische Gemeinde in Ulm, 1499 kam ein Stadtverbot für die jüdischen Bürger, sie mussten Ulm verlassen. Erst im 19. Jahrhundert, genauer gesagt 1806, kam die erste jüdische Familie wieder nach Ulm. Als die Gemeinde größer wurde, baute sie eine Synagoge, die am Platz der heutigen Sparkasse stand. 1873 wurde sie eingeweiht: Nur sechs Jahre, bevor Albert Einstein geboren wurde! Diese Synagoge hatte sogar eine Orgel – was im Judentum bemerkenswert ist.

(Foto 1927, aus Kauffmann JÜDISCHE GOTTESHÄUSER UND FRIEDHÖFE 1932)
Von dem Geburtshaus Albert Einsteins und von der damaligen Synagoge wurden große Fotos gezeigt – auch wie Ulm vor dem Krieg und vor der Zerstörung ausgesehen hat: Das Ulm, das Albert Einstein und seine Familie kannten.

Das sind in die Wand eingelassene Auszüge. Wenn man sie herauszieht, kann man Briefe und Karten von Albert Einstein lesen.

(Foto: Beate Braun)
Hier erfahren wir gerade, wie es Lina Einstein erging, die nicht mehr rechtzeitig emigrieren konnte. Sie verarmte, wurde in ein Zwangsaltersheim eingewiesen und 1942 zunächst nach Theresienstadt, kurze Zeit später nach Treblinka deportiert und ermordet. Hinter einem Vorhang fanden wir dann die Geschichte von Lina Einstein.
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Übrigens versuchte Albert Einstein von seinem Exil in Amerika aus, so vielen jüdischen Verwandten und Freunden wie möglich zu helfen und in die USA zu holen. Vielen stellte er einen so genannten Affidavit – eine Bürgschaft – aus, einige unterstützte er in der alten Heimat finanziell oder in der neuen mit Empfehlungsschreiben.
Während der Zeit des Nationalsozialismus emigrierten viele Juden aus Ulm, nicht nur in die USA sondern in viele verschiedene Richtungen.

An einer Wand des Museums gibt es eine riesige Tafel, aus der ersichtlich ist, wohin die deutschen Juden in der NS-Zeit ausgewandert sind, es war nicht nur Nordamerika, sondern eigentlich die ganze Welt.

Bei diesem Ausschnitt kann man etwas detaillierter erkennen, welche Familien wohin ausgewandert sind.

(Foto: Karin Hunsinger)
Ein Foto von der Rampe von Auschwitz-Birkenau. Hier wurden die ankommenden Deportierten selektiert nach denjenigen, die noch arbeiten konnten und denen, die sofort in den Gaskammern des Vernichtungslagers ermordet wurden.

(Foto Beate Braun)
In einer großen Vitrine sind Erinnerungsstücke ausgestellt, die jüdische Familien mitgenommen haben ins Exil. Zwei Teetassen mit aufgedruckten Kinderfotos der Einstein-Kinder Albert und Maja hatte der Physiker aus Deutschland nach Princeton mitnehmen können.
Das siebte Kapitel der Ausstellung zeigt Stationen der Aufarbeitung des Gennozids in Ulm nach 1945. Erst mehr als 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bildete sich hier wieder eine jüdische Gemeinschaft, aus der 2002 die Gemeinde hervorging. Die heutige Synagoge am Weinhof wurde 2012 eingeweiht.
Am Schluss der Ausstellung kommen an einer Interview-Station die Nachkommen der früheren Jüdischen Einwohner Ulms zu Wort. Auch diese wird bei künftigen Besuchen sicher noch intensiv gehört werden.
Die Veröffentlichung der Fotos in diesem Bericht wurden durch Frau Dr. Sabine Presuhn, Leiterin des Museums „Die Einsteins“, genehmigt.
LINKS
Jüdische Gemeinde Ulm – Wikipedia
Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes – Wikipedia
Juden in Ulm: Jüdische Gemeinde Ulm
Jeweils donnerstags gibt es gibt es öffentliche Führungen im Museum, die Uhrzeiten kann man hier einsehen: Stadt Ulm – Die Einsteins – Öffentliche Führung im Museum