Mit einem “Fairness-Abkommen” hatten sich die im Bundestag vertretenen Parteien – ausgenommen die AfD – zu Versachlichung und Respekt im Wahlkampf verpflichtet. Davon ist nicht viel übriggeblieben.
Die Initiative von Friedrich Merz zur Verschärfung der Bedingungen bei Asyl und Zuwanderung führte zu heftigen Diskussionen im Bundestag. SPD und Grüne waren dagegen.
Ein entsprechender Antrag von Merz erhielt am 29. Januar nur eine Mehrheit, weil ihm auch die AfD zustimmte. Merz hatte vorher noch über eine Brandmauer gegenüber der AfD gesprochen. In der Politik war die Empörung groß.
Bundeskanzler Olaf Scholz hält seinen Kontrahenten Friedrich Merz für nicht mehr glaubwürdig. Sogar Altkanzlerin Angela Merkel äußerte Kritik mit einem ungewöhnlichen öffentlichen Statement.
Marcel Fratzscher, Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität, sprach in einem Kommentar von einer Zerreißprobe der Demokratie.
Publizist Michel Friedman hält die gemeinsame Abstimmung des Fünf-Punkte-Plans von CDU-Parteichef für unentschuldbar.
Der Publizist und Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke schrieb in einem Kommentar: Noch mehr als mit dem Versagen der Regierung hat der Höhenflug der AfD mit dem Versagen der Union zu tun.
Die Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp mahnte in einem Interview bei tagesschau24: „Wir sehen jetzt schon innerparteilich erhebliche Diskussionen und Verwerfungen. Auch Merz’ Glaubwürdigkeit stehe nach seinen klaren Ansagen der Vergangenheit auf dem Spiel“.
Kritik an Merz’ Vorgehen kam auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Der freie grenzüberschreitende Waren- und Personenverkehr sei für die international vernetzte deutsche Industrie entscheidend, sagte die Hauptgeschäftsführerin des BDI, Tanja Gönner.
In zahlreichen deutschen Städten protestierten Menschen gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD für eine schärfere Migrationspolitik.
Zwei Tage später sah die Situation anders aus. Da eine Anzahl von Abgeordneten von CDU und FDP dagegen stimmten, reichte die Unterstützung durch die AfD nicht mehr aus. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung der Migration wurde abgelehnt
Eine Deutschlandtrend-Umfrage der ARD ergab, dass eine Mehrheit der Deutschen die Forderungen von Friedrich Merz nach dauerhaften Kontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen befürworten.
Horst Westphal, 31.01.2025