Highlights der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart

von Beate Braun

Begrüßung von Frau Ochsenwardl (Foto: Beate Braun)

Nach dem Besuch der Ausstellung „BecomingFamous – Peter Paul Rubens“ am 28.01.2022 und einer Mittagspause kommen wir wieder zur Staatsgalerie, um die Highlights der Sammlung anzuschauen.

Unsere Museumsführerin für den Nachmittag, Frau Ochsenwardl, eine Kunsthistorikerin und freie Mitarbeiterin der Staatsgalerie, wird von Beate begrüßt. Sie will uns die Highlights chronologisch nach Entstehung der Kunstwerke zeigen.

Frau Ochsenwardl geht mit uns in den Altbau der Staatsgalerie. Nachdem wir die Treppe erstiegen und die Rubens-Ausstellung durchquert haben, bleiben wir bei dem ersten Kunstwerk stehen, das uns gar nicht gleich als Kunstwerk auffällt.Jeweils rot umrandet stehen an der weißen Wand im großen Gang folgende Worte in Großbuchstaben: EIN KARTOFFEL, ZWEI KARTOFFEL; DREI KARTOFFEL; & (MEHR) – und danach in Englisch: ONE POTATO; TWO POTATO; THREE POTATO; & (MORE).

Dieses Kunstwerk wurde 1992 von Lawrence Weiner geschaffen, der 1942 in New York geboren wurde. Er bezieht sich in der Arbeit auf ein unmittelbar mit Stuttgart und der Staatsgalerie verknüpftes Ereignis: 1827 lehnte ein Landtagsabgeordneter die Finanzierung des Baus eines Antikensaals für Stuttgart ab mit den Worten „Mr braucha koine Kunscht, Grumbiara braucha mr“. Wenige Jahre später, 1836, wurde indes der Bau einer Württem­bergischen Kunstgalerie be­schlossen, der 1843 als „Museum der bildenden Künste“ öffnete.  Heute ist dieser Bau die Staats­galerie Stuttgart.

Bis vor wenigen Jahren gab es vor dem Altbau der Staatsgalerie ein Kartoffelbeet, das jetzt leider zugeplättelt ist.

Wir steigen die Treppen auf der anderen Seite wieder hinunter und kommen zu einem Modell der Staatsgalerie. Hier können wir sehen, wie und wann die einzelnen Teile der gesamten Staatsgalerie erbaut wurden, der Altbau 1843, weitere Flügel 1888. Der 1984 eröffnete Erweiterungsbau, die „Neue Staatsgalerie“, die der Architekt James Stirling im Stil der Postmodernen Achitektur gestaltete, gilt als Meisterwerk dieser Stilrichtung in Deutschland. 1985 wurde vor dem Haupteingang „Die Liegende“ von Henry Moore installiert.

Herrenberger Altar von 1519 (Jerg Ratgeb, um 1480-1526)

Eine weite Wanderung durch viele Museumsräume führt uns zum Herrenberger Flügelaltar.

Vor 500 Jahren wurde der Herrenberger Altar von Jerg Ratgeb (1480 -1526) für die Stiftskirche Herrenberg gefertigt. Auftraggeber waren die Brüder vom Gemeinsamen Leben im Jahr 1517. Er hatte eine wechselhafte Geschichte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieses Meisterwerk von Prälat Merz als „bäuerlich derb und wenig wertvoll“ bezeichnet und daher im Jahr 1890 für 5.000 Mark an die Königliche Altertümersammlung verkauft. Seit 1924 ist der Altar im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart und wird in einem eigenen Raum in der Sammlung Altdeutsche Malerei gezeigt.

Schillerbüste (J.H.von Dannecker (1758-1841)




Durch die Sammlung altdeutsche Malerei und durch einen Saal von Gemälden aus der Ulmer Schule des 15. Jahrhunderts, u.a. Hans Multscher, kommen wir zu einem Saal, in dem eine Schillerbüste steht, gefertigt von Johann Heinrich von Dannecker, 1805/10.  Von Dannecker war ein württem­bergischer Bildhauer des Klassizismus und lebte von 1758 bis 1841. Die Büste ist ein Vermächtnis Danneckers an König Wilhelm I. von Württemberg und sein “Vaterland”, wurde vom König 1842 dem Museum überlassen und ist heute im Besitz der Staatsgalerie.
In einem der nächsten Räume finden wir dann eine Selbstbildnis-Büste von Johann Heinrich Dannecker selbst aus dem Jahre 1796.

Felder im Frühling, 1887
(Claude Monet, 1840-1926, CCO)





Weiter geht es in den Saal der Impressionisten; dort bleiben wir bei dem Gemälde “Felder im Frühling” stehen, das von Claude Monet (1840-1926) geschaffen wurde. Wir überlegen, ob das kleine braune Wesen links im Bild ein Hund oder vielleicht ein Hahn ist, wie von Schulkindern behauptet. Wichtig war Monet allerdings nicht die genaue Darstellung, sondern ein Gefühl von Frühling zu zeigen, eine Impression.

Stirling-Saal (Foto: Beate Braun)






Der nächste Raum, der Stirling Raum, soll architektonisch als Raum beeindrucken, denn er ist fast leer. An den Wänden hängen ein paar Gemälde, rechts und links von einem Fenster stehen zwei Figuren, die an Afrika erinnern. Sie sind von Ernst Ludwig Kirchner, eine mit dem Namen „Adam. Männliche Aktfigur” von 1920/21.


Pablo Picasso (1838 – 1916) ist ein ganzer Raum gewidmet.  Besonders fasziniert sind wir von seiner Arbeit „Die Badenden“. Es ist das plastische Hauptwerk der Spätzeit des Künstlers und besteht aus sechs, aus einfachsten Fundstücken montierten, teilweise bemalten und durch Einritzungen bearbeiteten Holzfiguren. Diese Figuren bilden ein Ensemble von urtümlicher Expressivität. Jede Gestalt hat ihr individuelles Gepräge, das auch in ihrem Namen zum Ausdruck kommt: “Taucherin”, “Mann mit gefalteten Händen”, “Brunnen-Mann”, “Kind”, “Frau mit ausgestreckten Armen” und “Junger Mann”. Gleichwohl sind sie in Größe, Geste und Zuordnung intensiv aufeinander bezogen. Teils schmal aufragend, teils dynamisch ausgreifend, stehen sie da wie urzeitliche Kultfiguren. Die konstruktive Strenge der kubistischen Formen, kombiniert mit dem abgenutzten Material und der formelhaft ausgeschnittenen Flächigkeit, verleihen ihnen den Charakter monumentaler Schattenfiguren, die sich in magischer Choreographie aufreihen.
Auf einer Staffelei steht das bekannte Gemälde von 1905, es heißt „Mutter mit Kind“ und stammt aus der Rosa Periode von Pablo Picasso, wobei das Kind in einem Clownskostüm dargestellt wird.

Danach kommen wir zu einem Raum mit zwei Bildern von Franz Marc (1880 – 1916), der im Ersten Weltkrieg eingezogen wurde und gleich im ersten Kriegsjahr gefallen ist.

Die kleinen gelben Pferde (Franz Marc, 1880-1916)
Die kleinen blauen Pferde (Franz Marc, 1880-1916)














Wir wandern weiter und kommen zu einem Raum, in dem das Triadische Ballett von Oskar Schlemmer (1888 – 1943) installiert ist. Diese Figuren sind eine Leihgabe 1979 der Freunde der Staatsgalerie Stuttgart e.V. Das Kunstwerk besteht aus 9 Figurinen, in starre Kostüme aus elementaren Formen gezwängt. Uraufführung dieses Balletts war am 20.09.1923 im Württem­bergischen Landestheater in Stuttgart.

Oskar Schlemmer TRIADISCHES BALLETT (1922): Spirale, Tänzer türkisch, Drahtfigur

Wir haben das Triadische Ballett schon einmal im Januar 2015 bei einem Besuch der Ausstellung „Oskar Schlemmer“ in der Staatsgalerie gesehen. Damals stand es auf einer Drehscheibe und wir konnten die Figurinen auf einer Kinoleinwand tanzen sehen. Im Bericht schrieb ich: „Das ist das bekannteste unbekannte Meisterwerk des 20. Jahrhunderts“. 

Oskar Schlemmer TRIADISCHES BALLETT (1922): Taucher, Scheibentänzer, Der Abstrakte, Goldkugel

Die Figuren von Oskar Schlemmer wurden übrigens von Joseph Beuys 1984 im Rahmen einer Installation für die Staatsgalerie auf Sockel gestellt.

Auch der letzte Raum unserer Führung beinhaltet eine Installation von Joseph Beuys, diesmal mit eigenen Objekte des Künstlers. An der Wand links vom Eingang sind zwei große Wandbehänge drapiert, einer dunkelgrau, einer braun. Auf dem Boden vor den Wandbehängen ist eine schwarze Vorlage, auf der drei schwarze Klötze verteilt sind.  Links neben diesen beiden Wandbehängen ist ein Stahlsafe mit Panzerglas eingebaut mit dem „Friedenshasen“. Er ist aus Gold, in dem Safe liegen weiter 127 Edelsteine und Perlen sowie  Gussschlacke.

Der Friedenshase ging aus der Umschmelzung einer Nachbildung der Zarenkrone Iwan des Schrecklichen hervor. Er soll das Prinzip der Transformation, insbesondere die Umwandlung des Herrschersymbols in ein Friedenssymbol vergegenwärtigen.

Dem Eingang gegenüber ist eine Installation aus Schutt, auf der einige verschmutzte Bretter montiert sind, auf dem mittleren dieser Bretter steht ein Holzstuhl, auf dem ebenfalls Schutt liegt. In ca. 2 m Höhe führt ein gebogenes Rohr über die Installation – auf der Erde als Parallele ebenfalls ein solches Rohr.

Rechts neben der Tür steht eine Vitrine mit einem Werk, das „Die Kreuzigung“ heißt, in den Jahren 1962/63 hergestellt wurde und aus Holz, Nägeln, Flaschen, Elektrokabel, Draht und Papier besteht.  

Daneben stehen zwei weitere große Vitrinen, in einer sind die Relikte aus der Installation am Boden, also die Relikte von Schutt.

Im Raum von Joseph Beuys endet die Führung.


Quellen:
Triadisches Ballett – Wikipedia
Staatsgalerie Stuttgart – Wikipedia
Picasso – Staatsgalerie
Einzelansicht – Staatsgalerie
Die Sammlung der Staatsgalerie – Gegenwartskunst (Einführung auf youtube)

Hinweis Copyright:
Wo nicht besonders angegeben, entstammen die Bilder aus diesem Bericht der “Sammlung Digital” der Staatsgalerie Stuttgart (https://www.staatsgalerie.de/sammlung/sammlung-digital/nc.html)