Ausstellung „Kunstreichgewächse: Bitte gießen!“ im Museum Ulm

Bericht von Beate Braun

Am vorletzten Ausstellungstag führt die Museums-Direktorin, Frau Dr. Dathe, 13 Teilnehmer*innen von ViLE-Süd durch die oben genannte Ausstellung.   

Als erstes geht Frau Dr. Dathe auf den Namen der Ausstellung ein, den sie selbst erfunden hat. Damit will sie darstellen, dass ausgewählte künstlerische Positionen zum Thema Paradiesgarten im Ausstellungs­projekt zusammengeführt werden. Dieses Projekt ist das erste, das über die digitale Plattform nextmuseum.io, die das Museum Ulm zusammen mit dem NRW-Forum Düsseldorf realisierte, kuratiert wurde. Über die digitale Plattform wurden Künstler*innen zur Einreichung von Arbeiten zum Thema „Paradiesgarten“ aufgefordert sowie gemeinsam mit Kunstinteressierten diskutiert und co-kuratiert.

Wir beginnen den Rundgang bei Bildern von Eva Maria Lopez mit sehr filigranen Pflanzen.  Dieses künstlerische Forschungsprojekt beinhaltet Pflanzen, die früher auf Feldern und in Gärten zu finden waren, die aber wegen der in der Landwirtschaft eingesetzten Herbizide lange verschwunden waren. Jetzt allerdings kommen sie so langsam zurück; sie sind über die vielen Jahre der Evolution Herbizid resistent geworden. Die Bildreihe heißt „we resist“.

Eva Maria Lopez – Bildreihe “We resist”

Im gleichen Raum ist ein Labor zum Thema „Wie misst man Integration?“ mit dem Titel „Integrationslabor für migrierte Pflanzen (IZMP)“ untergebracht.

Hier werden exotische Pflanzen mit einem Deutsch- und einem Verhaltenskurs beschallt, dabei wird der Widerstand an den Blättern gemessen. Ist der Widerstand hoch, wird die Pflanze weiter beschallt oder aussortiert, ist sie niedrig, erhält sie den Integrationspass.  Diese Arbeit hat die Wiener Installationskünstlerin Lena Violetta Leitner beigetragen.

Lena Violetta Leitner INTEGRATIONSLABOR FÜR MIGRIERTE PFLANZEN (IFMP)

Im folgenden Glaskubus haben die Szenografinnen Meike Schröder und Janieke Bekasinski von der Muthesius Kunsthochschule Kiel echte und unechte Pflanzen zusammen drapiert, die gemeinsam so etwas wie einen Urwald darstellen.  Es gibt auch eine Bewässerung, damit die echten Pflanzen überleben. Beamer-Projektionen um die Vitrine und Nebel lassen eine enigmatische Szene entstehen, die Besucherinnen zum Nachdenken über verlorene, künstliche und zukünftige Paradiese anregen möchte. Die Arbeit trägt den Titel „LOST / FAKE / FUTURE Paradise“.

Meike Schröder + Janieke Bekasinski LOST – FAKE – FUTURE Paradise

Barbara Herold und Florian Huth haben Landschaften per Computer generiert, auf denen alle Anzeichen einer Zivilisation eliminiert wurden; man sieht weder Menschen noch Tiere. Sie zeigen eine unberührte Natur.

Herold + Huth UNBERÜHRTE NATUR (Computer Dias) 1
Herold + Huth UNBERÜHRTE NATUR (Computer Dias) 2

Das folgende Bild, ein Seerosenteich, der aus 9 Quadraten besteht und beliebig erweitert werden könnte. „Der Unendliche Garten“ ist ein Ölgemälde der Münchner Künstlerin Anselma Murswiek, Meisterschülerin von Jorinde Voigt.

Anselma Murswiek DER UNENDLICHE GARTEN

Nun kommen wir zu den Arbeiten von Bas Meeuws.  Um seine Blumenstillleben in den Vasen, die fotografiert und per Computer zusammengestellt wurden, wirklich zu sehen, muss man sich Zeit nehmen. Man erkennt, dass jede Blume eine unglaubliche Schönheit besitzt. Jahreszeitlich gehören die Blüten aber eigentlich nicht zueinander, denn die Blütezeit der in den Vasen dargestellten Blumen ist unterschiedlich. Trotzdem, diese Bilder haben uns sehr beeindruckt.

Bas Meeuws BLUMENSTILLLEBEN 1

Bild 4 von 4

Copyright Museum Ulm

In den nachstehenden Fotos betreffen Ideen einer Künstlerin zum Garten Eden. Johanna K. Becker hat verschieden gefärbte Materialien in verschieden mit Auswüchsen („archaische Paradiese“) geformtes Plexiglas gegossen. Die äußere Form bezieht sich auf die Ausstellungsweise von Exponaten in naturkundlichen Sammlungen (Glasglocke). „The biggest Plopp“ war im co-kuratorischen Prozess auf nextmuseum.io die beliebteste Einreichung.

Die nächsten Bilder von Calebe Simöes sind ein fotografisches Experiment. Sie wurden nicht digital verändert.  Wenn Sie sich die Bilder anschauen, sehen sie, dass sie sich genau in der Mitte der jeweiligen Bilder spiegeln.

Die Arbeit von Janina Schmid war uns eigentlich am unbegreiflichsten. Über einer Tonplatte, deren Oberfläche an einen Miniaturwald aus der Vogelperspektive erinnert, ist ein Trichter an einem filigranen Metallgestell befestigt. Über diesen Trichter wird der Wald „bewässert“. Die Arbeit heißt: Hund unter Wölfen. Dass es sich um einen Wald handelt, kann man eigentlich nur von der Seite her erkennen. Der Wald ist ein altes Sehnsuchtsmotiv, ein Paradies der Ruhe und Verbundenheit. Hund oder Wölfe sind nicht zu erkennen.

Janina Schmid HUND UNTER WÖLFEN

Am meisten beeindruckt hat uns eine Leinwand über den ganzen Raum, die von vier Computern gespeist wurde und die immer wieder neue Zusammensetzungen darstellt. Es ist ein Zufallsprinzip, welche Geräte sich mit welchen treffen oder die Übertragung auf die Leinwand übernehmen. Es gibt nie das gleiche Bild. Diese Arbeit stammt von Marija Avramovic und Sam Twidale und heißt „Sunshowers“. Sie ist inspiriert vom Anfangskapitel von Akira Surokawas Film Dreams, der einem kleinen Jungen folgt, der einen Wald erkundet und über eine Fuchshochzeit stolpert. Mit künstlicher Intelligenz (KI) werden virtuelle Szenen dargestellt. 

Calebe Simöes SICH SPIEGELNDE BILDER (digitale Wand, die sich ständig ändert und niemals das Gleiche zeigt)

Weiter geht es in das nächste Stockwerk zu einer Installation, die sich „Raumzeitpiraten“ nennt. Die elektronische Mistel ist eine interaktive Lichtumgebung.  

Während wir diese Installation umrunden, leuchten unterschiedliche Sensoren auf, die diese Arbeit in einem wechselnden Licht zeigen

Bevor wir das Museum verlassen, geht Frau Dr. Dathe mit uns noch kurz zu der Ausstellung „Das schönste Bild bei mir zu Haus“. Bereits 1971, also vor 50 Jahren, gab es im Ulmer Museum schon einmal eine solche Ausstellung, ins Leben gerufen von der Südwest-Presse. Zwei Ausstellungsstücke von damals sind auch jetzt wieder zu sehen.

Der Unterschied zur damaligen Ausstellung ist, dass man mit Hilfe der Digitalisierung jetzt lesen kann, warum dieses Bild bei jemandem zu Hause das schönste Bild ist. Außerdem gibt es die Möglichkeit, das Bild, das jemandem am besten gefällt, zu kennzeichnen bzw. anzuklicken. Das Bild, dass die meisten „Klicks“ bekommt, wird nach der Ausstellung ausgezeichnet.

Ausstellungsplakat DAS SCHÖNSTE BILD BEI MIR ZUHAUSE

Eines der Objekte, das bereits im Jahre 1971 ausgestellt wurde, ist jetzt wieder dabei:

Objekt aus der Ausstellung Das SCHÖNSTE BILD BEI MIR ZUHAUSE

Nach diesem hochinteressanten Rundgang und einem herzlichen Dankeschön an Frau Dr. Dathe mit einem guten Tropfen ließen wir den Nachmittag im Museumscafé ausklingen.

Weblink zur Ausstellung:

https://museumulm.de/ausstellung/kunstraumgewaechse-bitte-giessen/

Weitere Links:

https://www.regio-tv.de/mediathek/video/nextmuseum-io-das-do-it-yourself-museum-der-zukunft/

https://www.nextmuseum.io/